Layout und Länge - oftmals ein Problem_Übersetzungsagentur eurolanguage

Und wenn es doch mal auf die Länge ankommt …

…von Gemeinplätzen und falschen Vorstellungen im Übersetzungsauftrag.

Es ist ein Gemeinplatz: In der internationalen Kommunikation sind es die inneren Werte, die zählen. Ein gut übersetzter Text, der der Zielgruppe kulturell und sprachlich entspricht und sie in Inhalt und Form anspricht, ist alles, was man braucht, scheint es. Doch in einigen Fällen bleibt es nicht so einfach, und die Länge spielt in Wirklichkeit eine erhebliche Rolle.

Die Wurzel des Problems? Eine weitere Binsenweisheit! Sprache ist nicht Sprache.

Jede hat neben den offensichtlichen Merkmalen wie Wortschatz und Grammatik auch ihren eigenen Charakter. Manche Sprachen können mit sehr wenigen Wörtern ausdrücken, wofür andere mehrere Zeilen benötigen. Dies ist nicht nur ein Faktor bei der Berechnung der Kosten einer Übersetzung, sondern ist auch für die Arbeit des Übersetzers und die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber relevant und zuweilen sogar entscheidend.

Wann es auf die Länge ankommt: Software, Datenbanken, Layouts

Einige Texte, die zur Übersetzung in Auftrag gegeben werden, sollen in einem sehr eng festgelegten Rahmen verwendet werden.
Das ist zum Beispiel für die Übersetzung von Bildschirm-Masken der Fall.
Verwaltungs- und Buchhaltungsprogramme, Warenbestandssoftware, aber auch SPS-Programme, Eingabefelder, Formulare, ob online oder analog, müssen in ein „Korsett“ gepresst werden können: Der Raum, der für die Beschriftung von Feldern und Spaltenüberschriften zur Verfügung steht, ist durch die Bildschirmgröße und die Anordnung, die die Informationen haben müssen, um eine logische und zeitsparende Bearbeitung zu ermöglichen, begrenzt, und das ist nicht zu ändern.
Des Weiteren kann eine – mitunter überzogen ausgelegte – Auffassung des Begriffs der Corporate Identity für diese Problematik verantwortlich sein, wenn zum Beispiel das Layout einer Publikation sprachenunabhängig identisch sein soll – der Text aber bereits in der kürzeren Sprache den Platz vollständig ausfüllt.

Was dies für die Übersetzungsarbeit bedeutet

Für die Übertragung von Bildschirm- und Eingabemasken oder Buchhaltungstabellen haben sich zum Teil gängige Abkürzungen oder die Verwendung englischer oder internationaler Begriffe eingebürgert, zum Teil muss der Übersetzer aber in Handarbeit seinen Text der Schablone anpassen.
Es ist eine durchaus schwierige und zeitraubende Arbeit.
Der Übersetzer muss in vier Schritten vorgehen: die zur Verfügung stehende Zeichenzahl ermitteln, den Text übersetzen, die Zeichenzahl seiner Übersetzung ermitteln, seinen Text ggfs. kürzen und anpassen, so dass er auch in der kürzesten Form eindeutig verständlich bleibt – und sollte dies nicht möglich sein, Rücksprache mit dem Kunden halten und mit ihm gemeinsam einen Lösungsweg entwickeln.

Lösungsansätze für ein schnelleres, kostengünstigeres und gelungeneres Ergebnis

Wenn es auf die Länge ankommt, ist es hilfreich, dem Übersetzer vorab zu sagen, wie viel Platz ihm für seinen Zieltext zur Verfügung steht. So wird ihm viel Aufwand für das mühsame Abzählen von Zeichen erspart, und er kann sich auf die tatsächliche Aufgabe konzentrieren. Für den Kunden bedeutet es wiederum eine schnellere und preiswertere Lieferung, denn ein umständlicher und bei guter Vorbereitung genau genommen überflüssiger Arbeitsschritt entfällt.
Soll der Text einer Firmenzeitschrift etwa in allen Konzernsprachen einem identischen Layout folgen, sind Zugeständnisse sinnvoll: Wenn das Layout als in keiner Weise verhandelbar betrachtet wird, sollte der Auftraggeber vorschlagen, an welchen Stellen notfalls gekürzt werden dürfte oder auf welche Inhalte er zu verzichten eher bereit ist, damit diese Quadratur des Kreises erreicht werden kann. Ein anderer Ansatz ist es, vorsorglich genügend Raum freizulassen, damit sich längere Sprachen ohne Einbußen entfalten können. Auch eine minimale, mit dem bloßen Auge nicht einmal wahrnehmbare Änderung der Schriftgröße oder des Zeilen- und Wortabstands durch den Setzer kann Wunder wirken.

Außerdem sollte bewusst bleiben, was Corporate Identity bedeutet:

Wenn in einer Mitarbeiterzeitschrift für eine Sprache eine Überschrift um einen halben Punkt verkleinert werden muss, stellt dies weder das Grundformat, noch die typischen Farben und Fonts des Unternehmens in Frage – erst recht nicht die Corporate Identity im Sinne einer bedingungslosen Wiedererkennbarkeit und eindeutigen, international gültigen Darstellung des Brandings.
Eine schlechte Idee ist es wiederum, den Übersetzer mit der eigenmächtigen Kürzung des Textes zu beauftragen und sich desinteressiert von der Längenproblematik abzuwenden. Dies kostet Zeit, muss in Rechnung gestellt werden, und es besteht die Gefahr, dass Übersetzer und Kunden durch ein unterschiedliches Empfinden nicht einer Meinung sind, was Entbehrliches und Streichbares betrifft.

Selbstverständlich ist die starre Anpassung eines Textes an eine bestimmte Länge nie der Idealfall der Übersetzungsarbeit.

Mit einer systematischen Vorbereitung des Übersetzungsauftrags und einem konstruktiven Dialog aber kann diese Problematik so behandelt werden, dass dennoch nichts der Perfektion der Übersetzung im Wege steht und – wie im Leben – auch Länge und innere Werte so ideal harmonieren, wie sie es sollten.

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