Vive la France

Französisch-Übersetzungen: Die vielen Tücken der französischen Sprache

Deepl & Co sind ohne Zweifel wunderbare Errungenschaften unserer Zeit. Übersetzungen erledigen per Mausklick, und das noch dazu in großem Umfang, der Jubel und die Bewunderung für die Übersetzungsprogramme ist grenzenlos und durchaus berechtigt. Großartiges wird da mittels KI geleistet und in manchen Fällen staunt selbst das geübte Übersetzer/innen-Auge, wie brauchbar die ausgeworfenen Maschinenübersetzungen für bestimmte Anforderungen mittlerweile doch sind. Dies gilt vor allem für Übersetzungen, bei denen Englisch die Ausgangs- oder Zielsprache ist. Ganz anders, will heißen, wesentlich schlechter, verhält es sich jedoch mit Übersetzungen in Kombination mit dem Französischen. Wir möchten ein bisschen genauer betrachten, warum das so ist.

Französisch, eine besonders idiomatische Sprache

Idiomatische Ausdrücke und Redewendungen sind solche, deren Bedeutung sich nicht aus der Bedeutung der einzelnen Bestandteile erschließen lässt. Wenn wir zum Beispiel von einem Affentheater reden, oder jemandem einen Bären aufbinden, sind in beiden Fällen weder der Affe noch der Bär beteiligt. Vielleicht ist es dem strengen höfischen Zeremoniell der französischen Könige geschuldet, dass die französische Sprache besonders reich an Umschreibungen, Bildern, Ausdrücken und Formulierungen ist, die eine Botschaft verschlüsselt, gar euphemistisch widerzugeben vermag. Ein „coup de foudre“, wörtlich ein Blitzschlag, kann im Französischen grundsätzlich jeden treffen, nur in einigen Fällen ist es die Liebe auf den ersten Blick. Ebenso muss man, wenn jemand bekundet „j’ai les chevilles qui enflent“ nicht gleich einen Arzt rufen, denn schließlich meint diese Person nicht, dass ihre Fußknöchel krankhaft anschwellen, sondern dass sie sich nach einem Lob so geschmeichelt fühlt, dass sie vor Stolz gleich platzen könnte und sich selbstironisch gar ein bisschen eingebildet vorkommt. Auch fällt man höfisch korrekt nicht in Ohnmacht, sondern man fällt in die Äpfel ‚tomber dans les pommes‘ – das ist doch einfach ästhetischer. Wenn es in einer verzweifelten Situation keine Hoffnung mehr gibt, ist es ‚la fin des haricots‘ – das Ende der grünen Bohnen, nicht zu verwechseln mit dem Ende der Fahnenstange. Und nimmt man bei einer Gesellschaft seinen Fuß ‚prendre son pied‘ – dann meint das nicht, dass man sich unbemerkt, sozusagen ‚à la française‘ davonmacht, sondern dass man sich extrem gut amüsiert.

Wie soll sich da eine Übersetzungsmaschine auskennen? Aber wir wollen es nicht unnötig kompliziert machen und ‚chercher le midi à quatorze heures‘ – also den Mittag um 14 Uhr suchen. Das Französische birgt tausende solcher Ausdrücke, die sowohl in der schriftlichen Korrespondenz, aber auch im mündlichen Dialog wichtig, relevant und von unschätzbarer Finesse sind. Eine wörtliche Übersetzung, wie sie die Maschine ausgibt, hilft hier nicht weiter, denn sprachliches Fingerspitzengefühl, genaue Kenntnis der Usancen und nicht zuletzt der Kontext sind hier gefragt, oder kurz gesagt: das menschliche Gefühl gepaart mit perfekten Sprachkenntnissen.

Ganz formell oder eher casual?

Auch hier spielt die Geschichte der Grande Nation eine entscheidende Rolle, und Formalien sind im Französischen bis heute enorm wichtig. Etwa bei den Schlussformeln in der Korrespondenz‚ ein knappes deutsches  ‚Hochachtungsvoll‘ wird zu einem „Je vous prie d’agréer, Monsieur/Madame, l’expression de mes salutations distinguées“. Es klingt für unsere germanischen Ohren etwas gespreizt, aber diese Formulierung wird Ihnen auch heute noch bei einer Hotelreservierung (zugegebenermaßen in der gehobeneren Preiskategorie) in einer E-Mail-Bestätigung zuteil. Mit „Sincères salutations“ sind nicht die aufrichtigen, sondern die freundlichen Grüße gemeint und „Bien à vous“ ist schon eine Nuance mehr freundschaftlich, bevor das „Amicalement“ doch eine viel persönlichere Beziehung zum Adressaten zum Ausdruck bringt und nur noch getoppt wird durch das „Cordialement“. Das alles mit einem ‚Mit freundlichen Grüßen‘ einheitlich abzutun, würde bedeuten, den Vicomte wie den Kaiser zu begrüßen, und das wäre im Französischen wahrlich ein Fauxpas.

L’Académie française hat auch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden

Die im Jahr 1635 gegründete Institution gilt als Sprachwächter der französischen Sprache. Ihre 40 hochrangigen Mitglieder (Schriftsteller, Wissenschaftler, Philosophen, mittlerweile auch Schauspieler und Publizisten) sind auf Lebenszeit auserkoren, was Ihnen den Namen „Les immortelles“, die Unsterblichen, eingebracht hat. Ihre Aufgabe ist die Integrität und Reinheit der französischen Sprache zu bewahren. Dazu gehört auch, die Aufnahme von Modewörtern, neuen Ausdrücken oder Lehnwörtern aus anderen Sprachen zu genehmigen oder abzulehnen. Schließlich hängt es von ihrem Urteil ab, ob die Begriffe in die Wörterbücher aufgenommen werden dürfen. Klingt ziemlich verstaubt angesichts der Tatsache, dass Sprache lebendig ist und sich immer weiterentwickelt. Und doch haben die Entscheidungen der Unsterblichen Einfluss auf die Sprachpolitik in Frankreich. Le Waldsterben wurde ebenso aus dem Deutschen übernommen wie le Kindergarten, le Bratwurst und le Schadenfreude. Andererseits haben viele englische Ausdrücke, die zum Beispiel im Deutschen sofort übernommen wurden, den Sanktus der französischen Sprach-Gendarmen nicht erhalten und so ist der Computer im Französischen „l’ordinateur“, die Software „le logiciel“, das E-Mail „le courriel“ und auch das Mousepad wurde zum „tapis de souris“. Dies gilt für Frankreich – aber wie ist es in Kanada? Dort sind die englischen Ausdrücke entgegen den Weisungen der Académie durchaus üblich. Ein Übersetzungsprogramm unterscheidet hier nicht.

Französisch ist nicht gleich Französisch

Kaum eine Sprache weist so viele geographische Varianten und regionale Unterschiede auf wie das Französische: Frankreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg, Nordafrika, Karibik, Kanada. Für eine gute Übersetzung genügt es natürlich nicht, einfach die Sprachvariante im Textverarbeitungsprogramm umzustellen und das Programm die vermeintlich richtigen Änderungen durchführen zu lassen, denn hier geht es nicht um kleine orthographische Unterschiede, sondern um Wortwahl und kulturelle Feinheiten. Daher ist es besonders wichtig, dass Übersetzungen ins Französische nur an Sprachprofis vergeben werden, die mit den Varietäten des jeweiligen Landes vertraut sind. In einigen Fällen ist auch Teamarbeit nötig, wenn Unterlagen etwa Dokumente aus mehreren französischsprachigen Ländern beinhalten. Und bei einer Übersetzung ins Französische muss immer das Zielland berücksichtigt werden.

 

Vor allem die Übersetzungen aus dem Französischen ins Deutsche und aus dem Deutschen ins Französische sollten Sie unbedingt Profis überlassen, denn die französische Sprache birgt in ihrer Eleganz und Finesse viele Nuancen, die eine Maschine nicht erfassen kann.